Samstag, 24. Januar 2009
 
Die Dumping-Post droht PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von akin   
Dienstag, 24. April 2007

Ein Brief von UNI-Post an die Beschäftigten im europäischen Postsektor: Union Network International-Post (UNI-Post) ist der Zusammenschluss von 265 Postgewerkschaften weltweit und vertritt in Europa rund 2 Millionen Beschaeftigten. UNI-Post fordert das EU-Parlament auf, die Vorschläge der EU-Kommission zur vollständigen Marktöffnung der Postmärkte nicht zu billigen.

UNI-Post ruft die PolitikerInnen dazu auf, die Arbeitsbedingungen der im Postsektor beschäftigten Menschen in den Blickpunkt der aktüllen Debatte um die weitere Liberalisierung im Postsektor zu rücken. Durch die weitere Liberalisierung befürchten wir erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsplätze im europäischen Postsektor. Die EU-Kommission hat zur Vorbereitung weiterer Liberalisierungsschritte eine Prospektivstudie erstellen lassen, in der die Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste (2009) untersucht wird. Die Studie kommt u. a. zu dem Schluss, dass die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen zwischen klassischen Postunternehmen und neuen Briefdienstleistern zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

Um einen fairen Wettbewerb zwischen Postunternehmen und neuen Anbietern zu gewährleisten empfiehlt die Prospektivstudie daher, für gleiche Bedingungen in der Postbranche zu sorgen.

Die Gefahr, dass über einen Verdrängungswettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping die Arbeitsbedingungen einer ganzen Branche ins Rutschen kommen kann, zeigt eine weitere Studie aus Deutschland auf. Die Entwicklung der Beschäftigungsbedingungen – 10 Jahre nach der Liberalisierung des deutschen Postmarktes – wurden untersucht (www.input-consulting.com/publish). Das Ergebnis ist erschreckend. Die Studie belegt, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse bei neuen Briefdienstleistern zum Geschäftsmodell geworden sind, die damit signifikante Kosten- und Wettbewerbsvorteile realisieren können und letztlich gute, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze bei den Postunternehmen verdrängt werden.

Die EU-Kommission hat sich dieser Problematik in ihren Vorschlägen bislang überhaupt nicht angenommen. UNI-Post Europa hat die Befürchtung, dass es bei einer weiteren Liberalisierung ohne soziale Schutzregelungen zu erheblichen Missständen bei den Arbeitsbedingungen in der Postbranche in Europa kommen wird.

Wir fordern daher, in einer neuen Postdiensterichtlinie die Mitgliedstaaten zu verpflichten, einen Wettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping wirksam zu unterbinden und die Autorisierung neuer Anbieter zwingend an die Einhaltung der in der Branche üblichen Arbeits- und Einkommensstandards zu koppeln. Ein Appell an die Mitgliedsstaaten, dies in nationaler Zuständigkeit zu regeln, greift hier erheblich zu kurz. Wir wollen, dass unsere Arbeitsbedingungen durch verbindliches, europäisches Recht geregelt werden.

In der Vergangenheit wurden die Postmärkte schrittweise und kontrolliert für den Wettbewerb geöffnet, um so die Mitgliedstaaten mit den Mitteln auszustatten, die es ihnen ermöglichen, den Universaldienst dauerhaft zu erbringen.

Im EU-Durchschnitt nutzen nur 47% der Bevölkerung das Internet. Die Erfahrungen zeigen, dass, insbesondere in dünn besiedelten Gebieten, von älteren Menschen und Personen mit niedrigem Bildungsniveau die elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten erheblich weniger genutzt werden. Das heisst, dass ein Grossteil der Menschen in der EU weiterhin auf eine leistungsfähige postalische Infrastruktur angewiesen ist, die durch einen ausreichenden Postuniversaldienst sichergestellt werden muss.

UNI-Post Europa ruft alle Beschäftigten im Postsektor auf, sich gegen die Vorschläge der EU-Kommission zu stellen und sich im Interesse der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen sowie der Postkunden für eine gute, zuverlässige Postversorgung und ein soziales Europa zu engagieren. (gek.)

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Anmerkung der Redaktion: Im Musterschülerland Österreich ist ja bereits alles für die totale Postliberalisierung vorbereitet. Auf EU-Ebene ist das aber laut UNI-Post noch gar nicht beschlossen, sondern erst einmal nur Meinung der Kommission. Um die Beschlussfassung einer diesbezüglichen Richtlinie zu verhindern, empfiehlt sich die Online-Unterschriftenaktion auf http://www.sosposte.eu/index.php?p=0&l=2
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